Zwar habe ich schon als Kind am liebsten draußen gespielt und fast dreißig Jahre Leben mit Hund treibt bei jedem Wetter raus vor die Türe. Aber so richtig beginnt die Geschichte meiner Naturverbundenheit mit einem kleinen, grauen Araberstütchen, das in mein Leben spazierte, um mit mir die wilde Welt zu erkunden und mich derweil auf dem Weg zu meiner inneren Natur zu begleiten.
Während sich mein Pferd im Laufe der Zeit zum stolzen Schimmel wandelte, erblühte meine Liebe zur Natur. Auf den Lebenswegen, die ich mit meiner Stute wanderte, entwickelte ich eine tiefe Verbundenheit mit der natürlichen Schönheit um mich herum, mit der Natur der Pferde und mit meiner eigenen inneren Natur. Das Leben mit meinem Pferd wurde zu einem Leben in und mit der Natur: Gemeinsam durchstreiften wir bei jeder Witterung stundenlang die weiten Wälder. Im Bauwagen an der Pferdekoppel lebte ich ganz und gar im Einklang mit den Jahreszeiten. Und schließlich führte meine Stute uns ins off-grid-Leben in der Wildnis Portugals.
Inspiriert von der Blogparade von Marianne Kewitsch erzähle ich in diesem Beitrag vom naturnahen Leben mit Pferden.
Schöne wilde Pferdewelt
Von klein auf war meine Stute stolz darauf, zumindest ein halbwildes Pferd zu sein. Gezeugt im Natursprung, geboren und aufgewachsen auf der Koppel hatte sie bereits als Fohlen eine tiefe Abneigung gegen Freiheitsberaubung jeder Art verinnerlicht. Trotz ihrer arabischen Empfindsamkeit war sie durch und durch ein Offenstallpferd, welches das natürliche Pferdeleben schätze, in der Weite zu Hause war und intakte Instinkte besaß. In unserem ersten gemeinsamen Stall galoppierte sie über eine große Ganzjahreswiese, trank aus dem Fluss und wanderte mit mir auf den sandigen Wegen der Südheide.
Spazierengehend erschlossen wir uns Wald und Flur und nebenbei inspirierte sie mich, in Erfahrung zu bringen, was es über natürliche Pferdeernährung, Pflanzenkunde und artgerechte Pferdehaltung zu lernen gab. Denn Szilah wusste sehr genau, was sie neben grünem Gras wollte und brauchte. Nicht selten wurde sie belächelt als kleine ‚Gestrüppfresserin‘ während ich fasziniert beobachtete, wie sie zu jeder Jahreszeit bei unseren Spaziergängen zielstrebig bestimmte Kräuter, Wildfrüchte, Gehölze und auch Erden auswählte, die sie zu anderen Zeiten jedoch verschmähte.

Unsere kleinen und großen Wanderungen entwickelten sich von Anfang an ganz von selbst zu einer Mischung aus Bewegung, Nahrungfinden und Naturerleben. Mit dem Spazierengehen tauchte ich gemeinsam mit meiner Stute ein in die Natur der Pferde. Mit mir konnte sie tun, was domestizierten Pferde nicht mit ihrer Herde erleben können: jenseits von Zäunen umherstreifen auf der Suche nach einem vielfältigen und artgerechten Nahrungsangebot. Schließlich wuchsen draußen Gehölzfutter, Gräser und Kräuter, die ihr im Stallalltag nicht zugänglich waren. Umgekehrt lehrte sie mich entschleunigtes ‚Waldbaden‘ lange schon bevor dieser Begriff erfunden wurde. Im Wald entdeckte ich mit meiner Stute die Langsamkeit und die Achtsamkeit. Der Wald war unser Kraft- und Entspannungsort, so kalt und ungemütlich es auch sein mochte. Wald ist mein natürliches Zuhause.
Schlechtes Wetter gab es für uns beide nicht, nur schlechte Kleidung. Auch im Winter streiften wir täglich stundenlang durch die geliebten Wälder und wenn es zu nasskalt war, tauschte ich ihren Sattel gegen eine Pferdedecke ein. Mein Leben in Deutschland war ein Leben in Gummistiefeln. Doch Draußensein war für mich und mein Pferd ein Grundbedürfnis. Für flotte Abschnitte trug sie mich, ansonsten wanderten wir Seite and Seite.

Auf der Suche nach einem für uns passenden Ort zogen wir von Stall zu Stall, wobei mein Pferdchen stets klare Vorstellungen hatte, die sie präzise kommunizierte, als ich endlich auf ihr Drängen die Tierkommunikation erlernt hatte. Ihr Bedürfnis nach Raum und Naturnähe war groß, im Offenstall und in der Landschaft drumherum.
Bei jedem Umzug erkundete sie begeistert mit mir die neuen Naturräume. Unsere Wege führten uns über über weite Heideflächen und durch lichte Kieferwälder. Wir wanderten auf steinigen Pfaden durch die ursprüngliche Landschaft des Pfälzerwaldes, ritten im Nordseewatt und verliebten uns in die weiten Wälder des nordhessischen Hügellandes.
Doch mit den Jahren verlangte ihre arabische Natur mit zunehmend lauter Stimme nach Sonne, Wärme, südlichem Klima. Ihr langgehegter Wunschtraum wurde schließlich wahr: auf nach Portugal, hinein ins wilde Leben!

Naturnah leben mit Pferden in Portugal
Hier leben wir nun: off-grid ohne Anschluss ans Strom- und Wassernetz liefert allein die Sonne Elektrizität und mein Pferd und ich trinken aufbereitetes Quellwasser. Wir wohnen Zaun an Zaun, sie mit ihrer kleinen Herde und ich in meiner kleinen Menschengemeinschaft. Das Pferdegelände ist ein Naturtraum aus Hügeln und Tälern, mit Weide- und Buschland, Bäumen und Sträuchern – so wie sie es sich immer gewünscht hat in ungezählten Tiergesprächen. Es war die Sehnsucht meiner Stute, nach Portugal auszuwandern, die sich mit meiner steten Sehnsucht nach einem echteren, natürlichen Leben vereint hat.
Das Leben hier ist einfach und von einem unbezahlbaren Luxus: Wir leben sehr selbstbestimmt in unserem eigenen, natürlichen Rhythmus im Einklang mit der Natur und ihren Zyklen. So wie es in der Natur der Pferde und in der eigentlichen Natur der Menschen liegt. Sanft läutet die aufgehende Sonne die Tage ein und langsam leiten die schönsten Sonnenuntergänge zur Abendruhe hin. Zeit misst sich nicht mehr so sehr in Stunden, sondern in Tages- und Jahreszeiten. Das Wetter bestimmt die Aktivitäten, im Sommer die Hitze, im Winter die heftigen Regenfälle. Es gibt immer Zeit und Raum zum Innehalten: für eine stille Meditation bei den Pferden, für ein nettes Gespräch, für einen Moment des Nichtstuns. Frische Luft ist ein alltäglicher Begleiter, die Brise vom Atlantik ein zumeist willkommener Gast. Meine Stute liebt die schier unendlich scheinende Sommerstimmung und begrüßt selbst die winterliche Regenzeit, die mit ihrer Ankunft ein staunendes grünes Wunder bewirkt.

Jahreszeitenliebe und die Bedeutung der Natur in meinem Alltag
Zwar kenne ich das einfache Leben, doch in Portugal hat es noch einmal andere Qualitäten bekommen: mehr Gelassenheit, innere Ruhe, Sanftheit.
Nur eins vermisse ich im Hinblick auf die Natur vom Leben in Deutschland: den Rhythmus der Jahreszeiten. In den letzten fünf Jahren, die ich im Bauwagen an Pferdekoppeln und Schafweiden gelebt habe, hat sich mein Alltag untrennbar mit dem jahreszeitlichen Wechsel verbunden. Zum Wasserholen bin ich auch in Deutschland schon über den Hof gelaufen. Die Dusche befand sich im Wohnhaus und im Winterhalbjahr habe ich manches Mal abgewogen, wenn ich verkühlt und durchnässt vom langen Pferdespaziergang heimkam: Noch einmal durch den Regen für einen heißen Schauer oder lieber einfach den Holzofen einheizen, den Wasserkessel aufsetzen und mich am Feuer mit dampfendem Tee aufwärmen? Schließlich war es in meinem kleinen hölzernen Haus auf Rädern nicht selbstverständlich warm, wenn ich heimkam oder morgens nach einer frostigen Winternacht aus dem Bett kroch und für den Gang auf die Komposttoilette nach draußen musste.
Dennoch habe ich dieses Leben im Einklang mit den Jahreszeiten geliebt. Besonders, wenn ich nach dem Aufstehen direkt von meinem Pferd begrüßt wurde, mich mit meinem Morgenkaffee auf den Stufen niederließ und meinem Pferd dazu eine Möhre reichte.

Mein Tinyhaus musste ich gegen eine leichtere und kleinere Behausung tauschen, als ich nach Portugal aufbrach. Erika, wie ich meinen gemütlichen Eriba-Wohnwagen liebevoll nenne, muss ich nicht heizen. Zwar werden auch in Portugal die Wintertemperaturen einstellig, aber dennoch spielt sich das Leben mehr draußen ab. Meine Tiergespräche führe ich tagsüber mit einer Wolldecke über dem Schoß. Wenn ich abends nach der Stallarbeit die Tür schließe, wärmen Kerzenlicht und die Kochzeit meiner Mahlzeit auf dem Gasfeuer meine kleine Behausung ausreichend auf.
In den langen Sommermonaten stehen ohnehin alle Fenster weit offen, um den kühlenden Wind hereinzubitten. Die winterliche Regenzeit ist kurz, aber zach (ein wunderbares tirolerisches Wort, gesprochen mit langem a, das sich nicht so einfach übersetzen lässt) auf so kleinem Raum. Die überbordende Fülle des Frühlings versucht, seine kurze Verweildauer wettzumachen. Der Herbst zieht an Portugal vorbei gen Norden, um dort die Wälder in bunte Laubträume zu verwandeln und hinterlässt hier nicht mehr als ein paar Nebelschwaden am frühen Morgen.
Ihn vermisse ich am meisten. Die mystisch-diesigen Herbstlaubwälder waren meiner Seele ein heimeliger Balsam. Hufe und Füße in einem sich einpendelnden Gleichschritt durch raschelndes Laub als einzige Geräusch in einer gedämpften, nebelverhangenen Waldwelt waren meine Alltagsflucht. Die Bäume lehrten mich das Loslassen, die stille Einkehr, das Staunen der Schönheit selbst im tiefsten Matsch des langen Winterhalbjahres, welches mit dem Herbst unweigerlich Einzug hielt.

Ach, die seltenen, aber dafür umso intensiven Schneewanderungen und Ausritte durch die verzauberte Winterwelt! Die frostige Kälte, die durch die Schichten meiner Kleidung kroch, während meine Stute ganzjährig frisches Grün nur auf unseren Spaziergängen bekam… Der Wechsel von eisiger Kälte und wohligem Ofengeboller jeden einzelnen Wintertag, den mein Immunsystem genoss und mir mit steter Gesundheit dankte… Erkältungen waren ein überaus seltener und wenn nur kurzer Gast in meinem Wagenleben. Im grauen, sonnenvermissenden deutschen Winter habe ich mir nicht vorstellen können, wie sehr er mir fehlen würde. Und der zartbesaitete Einzug des Frühlings, der jedes Jahr so herbeigesehnt doch stets auf sich warten ließ… Mit seinen mutigen frühen Blühern und den zaghaften Blüten der Obstbäume, die mit dem Versprechen des zurückgekehrten Lichts zu ihrem langen Weg hin zur spätsommerlichen Fülle aufbrachen…

Wir fühlen uns wohl in Portugal, mein Pferd rundum und ich lebe mich ein in die südlichen Rhythmen der Natur. Vier Monate Sommerwind, über dreihundert Sonnentage jedes Jahr, das raue Klima des Atlantiks… die Natur hier ist wild und lebendig, ihre Zyklen intensiv. Meine Liebe zu den nordischen Jahreszeiten lebt derweil in meinem Herzen weiter, leise und wehmütig. Meine Naturliebe hat mich nicht nur gelehrt, im Einklang mit meinen eigenen Rhythmen und Zyklen gleichermaßen wie mit jenen der Natur zu leben. Sondern auch, dass es einander nicht ausschließt, mit Wohlgefühl in einen Naturraum einzutauchen und einen anderen zugleich schmerzlich zu vermissen.

Natur & Verbindung – ein einzigartiger Weg mit Pferden
Mein Weg mit meinem Pferd war und ist ein Weg der Verbindung. Eine Verbindung von Herz zu Herz, erwachsen aus einem tieferen Verständnis der inneren Natur, die jedem Lebewesen innewohnt. Der inneren Natur meines Pferdes Aufmerksamkeit zu schenken, hat mich auch meine eigene innere Natur entdecken lassen. Die äußere Natur hat uns dabei genauso wie die körperlose Welt der Tierkommunikation stets einen sicheren Raum gegeben und oft hat sich beides miteinander verwoben. Auf unseren Waldspaziergängen haben meine Stute und ich unsere längsten Gespräche geführt und die tiefste Ruhe geteilt, wenn wir unterwegs Pause machte, sie begann zu dösen und ich mich auf dem Walbdoden niederließ, um mit ihr zu rasten.

Jedes Pferd hat seine artspezifische Natur und sein eigenes Naturell. Meiner Stute zuzuhören, ihrer Pferdenatur Erfüllung zu schenken und in stummer Zwiesprache mit ihr einsame Naturräume zu durchschreiten, hat mich meine eigene innere Natur wiederfinden lassen – und ein Leben, das meinem persönlichen Naturell entspricht. In der tiefer und ganzheitlicher werdenden Kommunikation mit meinem Pferd hat sich unsere Verbindung untertrennbar mit jener zur Natur und zu mir selbst verwoben.
Durch mein Pferd habe ich mich natürlichen Wegen zugewendet und am Wegesrand so viel Ursprünglichkeit, Schönheit und Zauber entdeckt, dass es mir eine Herzensangelegenheit geworden ist, die Magie dieser Verbindung mit der Welt zu teilen. Die sich sanft schlängelnden Trampelpfade der Pferde haben mich in eine wilde Welt geführt, die Pferde- und Naturliebhabern weit offensteht.
Jenseits der ausgetretenen Pfade kannst auch du mit der freien Herde durch die portugiesische Wildnis streifen, im Glampingzelt unter dem Sternenhimmel schlafen, mit Yoga am Strand deinen Körper spüren und in achtsamer Pferdekommunikation neue, heilsame Wege entdecken. Du bist willkommen im Malama Retreat, so wie du bist, und eingeladen, mit uns und der Herde tief einzutauchen in die Natur der wilden portugiesischen Landschaft, der Pferde und dir selbst.
Möchtest du mehr vom PortugaLeben lesen? Im Mai 2025 habe ich eine gleichnamige Beitragsserie begonnen, die dich jeden Monat mitnimmt in den portugiesischen Jahreskreis, ins off-grid-Leben in Gemeinschaft und in meine kleine, wilde (Pferde-)Welt.

Liebe Natalie
So ein schöner Artikel über dein naturnahes Leben bei und mit den Pferden. Wenn alle Menschen ihre Pferde verstehen würden, würde wieder Selbstbestimmung einkehren und Vertrauen auf die eigene Intuition. Umso wichtiger vorzuleben, dass Pferdeleben auch anders aussehen kann. Auch ich habe einige Zeit im Wohnwagen bei den Tieren gelebt und weiß, auch das ist ein wundervoller Weg zurück zur eigenen Natur. Danke fürs mitnehmen nach Portugal und deine innere Wahrnehmung. Schön, dass du deiner Stute zugehört hast. Alles Liebe Marianne
Liebe Marianne, vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Es freut mich, dass du vieles so ähnlich siehst. Hoffen wir, dass unsere Blogs dazu beitragen, die Pferdewelt achtsamer, naturverbundener, intuitiver und liebevoller zu machen. Alles Liebe auch für dich und deinen Lebenshof! Natalie
Deine Blogs sind fesselnd und berührend gleichzeitig. Sie lesen sich wie warmer Sommerwind. So schön. Danke dafür.
Liebe Conny! Herzlichen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich so sehr, dass du hier mitliest! Ganz liebe Grüße, Natalie
Wieder so ein faszinierender Beitrag! Wie machst du das bloß? Es macht Spaß, deine Blogs zu lesen und ich freue mich schon auf den nächsten. Es ist wirklich so schön quasi dabei zu sein, wie du und Szilah eurem gemeinsamen Weg geht, auch wenn ich einiges schon kannte.
Liebe Marianne, herzlichen Dank für dein Feedback. Es freut mich sehr, dass du meine Beiträge so gern liest! Und ja, auch wenn man mich persönlich kennt, gebe ich im Schreiben wohl doch auch noch andere Einblicke … Ganz liebe Grüße, Natalie
Liebe Natalie, klar kann man das eine Umfeld total vermissen und ein anderes dennoch genießen. Die Vegetation in Portugal und die Urgewalt des Atlantiks rauben einem den Atem. Aber dank deiner Beiträge lernt man als Mitteleuropäer auch zu sehen und zu schätzen, wie schön Kornblumen und Mohnblumen in einem Rapsfeld aussehen und wie entspannend ein im Wind raschelndes Getreidefeld klingt. Danke für den Augenöffner!